Ein Spass für zwei
Weil’s so schön ist: Trainerin Moni und Trainer Tom fahren gerne zusammen
Vor einigen Jahren bekam ich eine neue Küche. Zwei freundliche Küchenbauer erschienen vormittags bei mir zu Hause und gegen 16 Uhr war schon alles betriebsbereit. Fasziniert von ihrer fast symbiotischen Zusammenarbeit, beobachtete ich, wie perfekt jeder Handgriff der beiden aufeinander abgestimmt war und wie reibungslos ihre oftmals wortlose Kommunikation funktionierte.
Aber was hat das mit Motorradfahren zu tun? Eine ganze Menge – wenn man zu zweit auf einem Motorrad fährt.
Moni und Tom sind wie meine Küchenbauer: ein perfekt aufeinander eingespieltes Paar. Dabei ist es egal, wer am Lenker ist. Beide wissen genau, wie man sich als Sozius/a oder als Fahrer/in im Zweierbetrieb verhalten muss.
Ohne Vertrauen läuft nichts
„Wenn ich hintendrauf mitfahre, lasse ich es geschehen. Ich vertraue ihm.“ Sagt Moni. Das gegenseitige Vertrauen ist die wesentliche Voraussetzung für eine reibungslose Fahrt zu zweit: also nicht nur das Vertrauen, das der Beifahrer zwangsläufig dem Fahrer entgegenbringen muss. Nein, anders herum gilt es natürlich genauso. Der Beifahrer beeinflusst durch sein Gewicht und sein eigenes Handeln nämlich das Fahrverhalten des Motorrads, und zwar mitunter deutlich. Außerdem: Selbst das beste Können und viel Erfahrung nützen nichts, wenn ein Missverständnis aufkommt. Tom: „Ich fuhr als Sozius mit einem Freund und dachte, dass er bei der nächsten Abzweigung zu sich nach Hause fahren und deshalb nach rechts abbiegen würde.“ Was dann passierte, kann man sich lebhaft vorstellen: Tom hatte sich auf eine Rechtskurve eingestellt, aber der Freund fuhr stattdessen nach links. „Er hat hinterher lange mit mir geschimpft.“ Sagt Tom und grinst.
Verändertes Fahrverhalten
Durch das Mehrgewicht und die daraus resultierende Achslastverschiebung verändern sich die Fahreigenschaften des Motorrads im Soziusbetrieb erheblich: Die Lenkbefehle werden vom entlasteten Vorderrad ungenauer übertragen, das Bremsverhalten ändert sich – insbesondere bei starkem Gefälle muss man mit einem verlängerten Bremsweg rechnen – und eine Kurvenfahrt mit einem überforderten, nach einer Fahrbahnunebenheit pumpenden Heck kann schnell zu einem Horrortrip werden. Deshalb mein Tipp: Vor jeder Zweierfahrt Luftdruck und, wenn möglich, die Federvorspannung überprüfen und ggf. anpassen. Man sollte genau darauf achten, das in den Papieren vorgegebene Gesamtgewicht nicht zu überschreiten, speziell wenn noch zusätzlich Gepäck mitgenommen wird. Und auch die Leistung der Maschine leidet unter dem Mehrgewicht: So kann das Überholen, insbesondere bergauf, für den Biker eine gefühlte Ewigkeit dauern.
Regeln festlegen
Damit die Motorradfahrt zu zweit so richtig Spaß bringt und die Freude auch ungetrübt bleibt, sollte man vorher einige Regeln aufstellen. Wie etwa verständigt man sich? Wenn keine Gegensprechanlage vorhan-den ist, empfiehlt es sich, Zeichen zu vereinbaren.
Auch ein kleiner Exkurs in die Fahrphysik des Motorrades ist nicht verkehrt. Dies ist umso wichtiger, wenn der Sozius zum ersten Mal auf ein Motorrad steigt.
Als Nächstes sollte das richtige Verhalten erklärt werden. Wie soll ich mich festhalten? Was soll ich als Sozius/a während der Fahrt tun? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, folgt die Praxis: In einer Kurve schaut der Beifahrer über die Schulter des Fahrers in Richtung Kurven-inneres und geht mit ihm in Schräglage. Gleichzeitig rückt er an den Fahrer heran und umfasst dessen Taille, wobei er den eigenen Schwerpunkt so weit wie möglich nach vorne verlagert. Ganz wichtig sind die Körperspannung und das ständige Beobachten des Verkehrsgeschehens. So wird der Beifahrer von plötzlichen Manövern, z. B. einer Vollbremsung, nicht überrascht und kann entsprechend reagieren. Dass eine sportliche Fahrweise mit starker Beschleunigung oder Verzögerung hier nicht angebracht ist, versteht sich dabei von selbst.
Moni und Tom können das alles. Sie sind beide sehr gute Fahrer und Beifahrer zugleich. Aber sie haben ja auch einen entscheidenden Vorteil: Sie üben viel.
Auch Otto „Normal-Biker“ und seine „wertvollste Fracht“ sollten gemeinsam üben. Immer wieder. Wenn Sie weitere Tipps sowie eine kompetente Rückmeldung von erfahrenen ADAC-Trainern bekommen möchten, sind Fahrer und Sozius im ADAC Fahrsicherheitszentrum Lüneburg stets herzlich willkommen. Bei uns lässt sich einiges „er-“fahren, vor allem ohne lästigen Straßenverkehr. Selbstverständlich gibt es für jeden Erfahrungslevel das passende Angebot: Beim Standard-, Intensiv- und Perfektionstraining kann der Sozius mitgenommen werden – und das ohne zusätzliche Kosten! Weitere Infos unter Tel.: 04134/9070 oder www.fsz-lueneburg.de.
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