Gemeinsam unterwegs
Im ADAC Fahrsicherheitszentrum Lüneburg lässt sich gut ausprobieren, ob eine Gruppe zusammenpasst
Die meisten Biker sind gesellige Menschen. Auf Motorradtreffen kann man dies genau beobachten: Sie kommen schnell in Kontakt, reden gerne und viel miteinander. Lebhaft sprechen sie intensiv die aktuelle Nachrichtenlage durch. Am Liebsten wird über Motorrad-Themen gefachsimpelt: die neueste Fahrwerktechnik, die unterschiedlichen Reifeneigenschaften, die beste Sicherheitsbekleidung, die schönsten Touren... Nicht selten passiert es, dass Freundschaften geschlossen werden. Und schnell sind sich die neuen Kumpel einig: „Lasst uns mal zusammen eine Tour fahren“.
Für viele Motorradfahrer ist das Erlebnis, mit dem Motorrad in der Gruppe zu fahren, ein aufregendes Vergnügen. Große Events, wie z. B. der MOGO in Hamburg, erfreuen sich stetig zuwachsender Zahlen, Tausende Zuschauer winken vom Straßenrand freundlich dem Schwarm von ca. 35.000 Motorrädern zu. In so einem Konvoi zu fahren ist faszinierend!
Doch das Fahren in der Gruppe ist nicht so einfach. Die unterschiedlichsten Persönlichkeiten kommen zusammen, jede/r Fahrerin/Fahrer bringt unterschiedliche Voraussetzungen bezüglich Fahrmotivation, Fahrstil und Fahrkönnen mit. Passt die Gruppe nicht zueinander, wird aus der Reise schnell für alle eine stressige, unentspannte Angelegenheit.
Die richtige Zusammensetzung
Eine größere Gruppe sollte immer geteilt werden; eine kleine Gruppe von bis zu 6 Bikern ist optimal. Auf diese Weise lassen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Alle kommen auf ihre Kosten, sowohl wer flott unterwegs ist als auch wer gemütlich und entspannt die Landschaft genießen möchte. An einem vereinbarten Ort können sich die Gruppen dann wieder treffen und Kaffee und Kuchen gemeinsam genießen.
An der Spitze der Gruppe fährt ein erfahrener, ortskundiger Biker, während der „beste“ Motorradfahrer das Schlusslicht bildet. Die Anderen verteilen sich dazwischen nach dem Prinzip: je erfahrener der Fahrer, desto weiter nach hinten. Warum? In einem Motorradverband wird hinten schneller gefahren als an der Spitze. Durch häufiges Anfahren, Abbiegen oder Beschleunigen nach einer Ortschaft bleiben die hinteren Motorräder zurück und müssen die vorderen einholen. Und immer gilt: Das langsamste Mitglied der Gruppe gibt die Geschwindigkeit vor.
Planung und Eigenverantwortung
Für das gute Gelingen einer Motorradausfahrt oder -reise ist eine gute Vorbereitung unverzichtbar. Als erstes sollte aktuelles Kartenmaterial besorgt werden, idealerweise mit Informationen über Sehenswürdigkeiten, landschaftlich schöne und für das Motorradfahren interessante Straßenverläufe. Dann geht es an die Planung: Wie lange werden wir unterwegs sein und wo wird evtl. übernachtet? Was gibt es an Sehenswertem oder Kuriositäten entlang der Strecke? Wo und wie oft machen wir Pause? Mit einer guten Planung kann eigentlich nichts mehr schief gehen! Alle Teilnehmer sollten den gleichen Stand bezüglich des Streckenverlaufs, der Anhalteund Treffpunkte haben. Perfekt: Der Tour-Guide bereitet für jeden Teilnehmer einen Zettel mit der groben Skizzierung der Tagestour vor. Hat die Strecke viele Abbiegepunkte und ist der Abstand zwischen den einzelnen Maschinen groß geworden, sollte immer einer an der Abbiegestelle auf die darauf Folgenden warten. Wichtig ist: Nicht nur der Tour-Guide, sondern auch der am Schluss fahrende Biker sollte mit dem Streckenverlauf und der Tourplanung einwandfrei vertraut sein.
Und wenn die Straße doch unerwartet gesperrt ist? Ortskenntnisse oder eben die gründliche Vorbereitung sowie ausgeprägter Orientierungssinn gepaart mit einer guten Prise Abenteuerlust helfen hier sicherlich aus der Klemme.
Beim Fahren in der Gruppe ist jeder Biker oder jede Bikerin für das eigene Handeln weiterhin verantwortlich; niemand sollte sich unter Druck setzen (lassen) nach dem Motto: „ich muss jetzt überholen“ und/oder „ich muss schneller fahren“! Speziell an Kreuzungen hat sich jeder Einzelne zu vergewissern, dass die Strecke frei ist, bevor er weiter fährt. In allen Situationen gilt: Jede/r in der Gruppe fährt so, wie er oder sie es verantworten kann und nimmt gleichzeitig Rücksicht auf das Bedürfnis aller anderen Gruppenteilnehmer nach Sicherheit.
Zeichensprache
Wie eine Gesellschaft kommt eine Motorradgruppe auch nicht ohne einige Regeln aus. Wichtig dabei ist, sich zusammen auf diese Normen zu einigen, und zwar vor der gemeinsamen Ausfahrt.
In erster Linie ist es sinnvoll, Zeichen zu verabreden, um sich zu verständigen, zum Beispiel falls außerplanmäßig angehalten werden muss. Für die Sicherheit in der Gruppe sind einige Regeln besonders wichtig. Als erstes sollte man sich nicht untereinander überholen. Damit werden riskante Überholmanöver in der Gruppe ausgeschlossen. Jeder schaut mit dem Blick weit voraus. So hält man das Verkehrsgeschehen besser im Auge. Alle fahren versetzt und halten Abstand. Dabei ist zu beachten, nicht im „Toten Winkel“ des Vorausfahrenden zu fahren. Wird die Fahrbahn eng, fährt man wieder hintereinander, um dem Gegenverkehr gefahrloser begegnen zu können. Auch vor Kurven sollte man das versetzte Fahren auflösen, um die eigene Sicherheitslinie zirkeln zu können. Angehalten wird paarweise nebeneinander, damit die Gruppe zusammen bleibt. Und selbstverständlich wird im Motorradverband rechtzeitig geblinkt. Eine goldene Regel lautet: immer für die Gruppe berechenbar bleiben.
Zum guten Ton gehört es, mit vollem Tank zu dem verabredeten Treffpunkt zu erscheinen. Natürlich mit dem richtigen Luftdruck, evtl. für eine vollbeladene Maschine. Und: Wenn getankt wird, sollten auch alle „nachtanken“, so spart sich die ganze Gruppe ein zusätzliches Anhalten, wenn der Tank – eines Einzelnen – einige wenige Kilometer später leer ist.
Und wenn einer weg ist?
Ein Sturz, eine Panne oder schwindende Konzentration könnten die Ursachen sein, weswegen plötzlich ein Mitglied aus der Gruppe verschwunden ist. Damit dies nicht am Ende der Tagestour entdeckt wird, sollte jeder Fahrer öfter im Spiegel nach seinem Hintermann schauen. Wird ein Gruppenmitglied deutlich langsamer oder ist es nicht mehr zu sehen, kann das ein Zeichen sein, dass es in Schwierigkeiten ist. In diesem Fall verringert der aufmerksame Fahrer die Geschwindigkeit, evtl. bis zum Anhalten. So setzt sich rasch diese Information Richtung Spitze fort. Der Tour-Guide fährt dann begleitet von einem zweiten Motorrad zurück, um nach dem „verlorenen Sohn“ zu schauen. Zu zweit können sie auf die unbekannte Situation variabler reagieren. Währenddessen sammeln sich die restlichen Fahrer um zu warten, und zwar an der nächsten Stelle wo alle bequem und gefahrlos gemeinsam anhalten können.
Besser vorher ausprobieren
Es lohnt sich vor einer größeren Tour zu prüfen, ob die Gruppenmitglieder in spe nicht nur von der Chemie, sondern auch vom Fahrerischen her zueinander passen. Kleinere Touren vor der Haustür eignen sich gut dafür. Eine bessere Möglichkeit ist sicherlich, gemeinsam ein Fahrsicherheitstraining in Lüneburg zu absolvieren. Als geschlossene Gruppe hat man beim Buchen im ADAC Fahrsicherheitszentrum Lüneburg übrigens mehrere Vorteile: Eine Gruppe kann evtl. den Tag und die Anfangszeit aussuchen und ein individuelles Catering bestimmen. Infos unter 04134/9070.
Copyright © Alberto Salvagnini, 2011